Ernährungsräte gestalten Ernährungspolitik in Köln und Berlin

02.01.2017 | Beispielhaft

Obwohl das Essen vieler Schulmensen noch zu wünschen übrig lässt, obwohl man beim täglichen Einkauf noch immer kaum an den Supermarktriesen vorbeikommt: Es gibt Fortschritte in punkto nachhaltiger Ernährung! Köln und Berlin haben seit diesem Jahr einen Ernährungsrat, der Nachhaltigkeit, den Verkauf regionaler Produkte direkt vom Erzeuger und Bildung rund ums Thema Essen fördern will. Wie kann das funktionieren?

Seit zwei Jahren gibt es die Food Assembly in Köln-Ehrenfeld, auf der ernährungsbewusste Kunden direkt bei den Erzeugern von Obst, Gemüse, Fleisch und Eiern einkaufen können. Eine Food Assembly ist letztendlich die digital unterstützte Neuzeit-Version des traditionellen Bauernmarktes. Teilnehmende Kunden bestellen im vorab durch den Erzeuger zur Verfügung gestellten Produktkatalog die gewünschte Ware, unkompliziert per Internet. Am Tag der Verteilung, in Köln-Ehrenfeld ist das der Mittwoch, kommen Erzeuger und Kunden auf dem Markt zusammen – verschwendungsfreie Direktvermarktung. In Frankreich gibt es das Konzept der Food Assembly schon länger, Katharina Schwartz hat es nach Köln gebracht. Sie gehört auch zu den Initiatoren des noch jungen Ernährungsrates in der Stadt am Rhein. Der Rat ist aus der Initiative „Taste of Heimat“ erwachsen, um dem Thema Ernährung und Nachhaltigkeit auch politische Durchsetzungskraft zu verschaffen. Hier wird die Food Assembly als Teil eines Gesamtkonzeptes gesehen, zu dem neben regionaler Direktvermarktung auch Themen wie ernährungsgerechte Stadtplanung und Ernährungsbildung gehören. Der Rat setzt sich zusammen aus zehn Personen aus der Verwaltung, zehn Bürgern und zehn Akteuren der Lebensmittelwirtschaft. Dazu gehören zum Beispiel Köche, Landwirte oder Metzger. In Arbeitsgruppen arbeitet man gemeinsam an den Konzepten für bessere Ernährung und mehr Nachhaltigkeit.

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Damit der große Masterplan überhaupt eine Chance hat, beginnt man im Kleinen, Erfolge ebnen dann den Weg zu Größerem. So geht es zum Beispiel auch darum, das Einholen von Genehmigungen für Pop-up-Bauernmärkte zu erleichtern, viele Projekte scheitern unnötigerweise den bürokratischen Formalitäten. Bis auf ein paar Märkte gibt es ja nicht einmal eine Infrastruktur, die Kunden den Direktkontakt zu den Erzeugern ermöglicht. Auch versucht man die Stadt selbst in eine Vorbildrolle zu bringen, indem sie zum Beispiel Schulmensen mit Gerichten aus regional erzeugten Produkten etabliert.

Auch Berlin hat seit April diesen Jahres einen eigenen Ernährungsrat, mit einer Vision die nicht mit hohen Ansprüchen geizt: Regionale Landwirtschaft und Verarbeitung sollen gefördert werden. Die Ernährungspolitik soll dem Umweltschutz einen hohen Stellenwert beimessen. Es geht darum, Vielfalt hinsichtlich Sorten und Rassen zu erhalten und zu fördern. Außerdem will man faire Marktstrukturen zu schaffen, die auch kleinen Anbietern eine Chance lassen und dem Geringverdiener die Möglichkeit gesunder Ernährung geben. Genau wie in Köln soll auch die Ernährungsbildung fokussiert werden, denn erst das Wissen liefert dem Verbraucher die Entscheidungsgrundlage. Gerechtigkeit, Demokratie und Ernährungssouveränität sind die Grundlage des Bemühens.

Derweil werden die einzelnen Themen der Vision in unterschiedlichen Feldarbeitsgruppen angegangen, Interessierte können sich anmelden und mitmachen. Die Ergebnisse kommen dann in die Ideenküche, aus der man die konkreten Rezepte für eine zukunftsfähige, nachhaltige Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik ableitet. Aus diesen Rezepten setzt sich schließlich der Masterplan zusammen. Genau wie in Köln denkt man auch im Berliner Ernährungsrat vom Kleinen zum Großen. Auf Bestreben des Rates, zahlreicher Bürger und weiteren Initiativen hin, beinhaltet die jüngst verabschiedete Koalitionsvereinbarung des Berliner Senats eine ganze Reihe ernährungspolitischer Bestrebungen. Der politische Weg ist zum Teil also schon geebnet. Jetzt geht es erst richtig los, der Weg zur „Essbaren Stadt“ ist noch lang. Wir behalten die Entwicklungen in Sachen Ernährungsräte weiterhin im Auge, sagen bis hier her aber schonmal: Das ist eine richtig gute Sache!

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