Seit Jahrhunderten wächst der Hunger des Menschen auf Fleisch und andere tierische Produkte. Je mehr Tiere wie Rinder, Schafe und Ziegen aber für die Herstellung von Fleisch- und Milchprodukten gezüchtet werden, desto mehr Methan gelangt in die Atmosphäre. Eine Lösung für das Methanproblem ist eine überwiegend vegetabile Ernährung. Dass es aber noch eine zweite Lösung gibt, ist neu.
Methan gehört zu den klimaschädlichen Treibhausgasen. Es nimmt in der Atmosphäre Strahlung auf und erwärmt dadurch die Luft – sogar 84-mal mehr als das nicht weniger potente CO2. Die Auswirkung einer hohen Methankonzentration ist entsprechend verheerend für unser Klima.
In den letzten Jahren ist der Methanpegel exponentiell gestiegen, was vor allem der Mensch zu verantworten hat. Das Gas entsteht unter anderem, wenn organische Stoffe unter Luftabschluss verrotten, also auch beim ganz natürlichen Vorgang der Verdauung – beim Menschen ebenso wie bei wiederkäuenden Tieren.
Damit Wiederkäuer ballaststoffreiches Gras und Heu verdauen können, wandeln es Millionen von Mikroben in ihren Mägen in Säuren und Gase um. Im Pansen entsteht bei dieser Fermentation Wasserstoff, der sich dann mit Kohlenstoff zu CH4, also Methan, verbindet. Den größten Teil des Methans rülpsen die Rinder aus, der Rest wird über den Darm aus dem Körper ausgeführt.
Problematisch wird es nur, wenn sehr viele Tiere dieses Gas produzieren und in die Atmosphäre entlassen. Und hier liegt genau der Knackpunkt. Seit Jahrhunderten wächst der Hunger des Menschen auf Fleisch und andere tierische Produkte. Je mehr Tiere wie Rinder, Schafe und Ziegen aber für die Herstellung von Fleisch- und Milchprodukten gezüchtet werden, desto mehr Methan gelangt in die Atmosphäre.
Nach aktuellem Stand stammen rund 62 Prozent der Methanemission in Deutschland aus der Landwirtschaft[1]. Während ein Großteil davon auf Biogasanlagen und die Nutzung von Wirtschaftsdünger zurückzuführen sind, gehen laut Untersuchungen des Thünen-Instituts[2] etwa 40 Prozent der Methanproduktion in der deutschen Landwirtschaft auf Flatulenz und Ruktus von Wiederkäuern zurück.
Wie Algen im Kuhfutter das Klima schützen
Eine Lösung für das Methanproblem ist eine überwiegend vegetarische oder gar vegane Ernährung, für die Lebensmittel nach biologischem Standard angebaut werden. Das ist den meisten Menschen mittlerweile sogar bekannt. Dass es aber noch eine zweite Lösung gibt, ist neu.
Ermias Kebreab, Vorstand des Departments für Tierwissenschaften an der University of California in Davis, forscht seit über 15 Jahren an neuartigen Futtermitteln für die Viehzucht. In mehreren Versuchen hat er nachgewiesen, dass sich der Methangehalt in den Verdauungsgasen reduzieren lässt, wenn eine blassrote Alge namens Asparagopsis taxiformis zugefüttert wird. Seine Realstudien an Rindern ergab eine um über 60 Prozent geringere Methankonzentration in den „Abgasen“ der Kühe – und das bei nur einem Bruchteil von 1 bis 5 Prozent an beigemischten Algen im Futter. Auswirkungen auf die Gesundheit der Kühe und die Milchproduktion sind bislang nicht zu beobachten, außerdem benötigen die Tiere insgesamt weniger Futter als bisher.
Die Erklärung für die reduzierte Methanproduktion ist bereits gefunden: Um im Pansen Methan entstehen zu lassen, brauchen die Verdauungsbakterien Vitamin B12. Die zugefütterten Algen enthalten allerdings den halogenierten, reaktionsfreudigen Kohlenwasserstoff Bromoform, der sich mit Vitamin B12 verbindet. Auf diese Weise wird die Enzymspaltung durch die Mikroorganismen verhindert und die Methanproduktion bleibt aus.
Da die Rotalge Asparagopsis taxiformis eine sehr selten vorkommende Algenart ist, wurden die Studien auf andere Algenarten ausgedehnt – mit ähnlich erstaunlichen Ergebnissen.
Algen reduzieren Methan-Produktion im Pansen
Regionale Pflanzen erzielen ähnliche gute Effekte
Die Überlegungen von Ermias Kebreab haben bereits einige Futtermittelhersteller aufgegriffen und daran weiter geforscht. Mit Oregano und Koriander konnten ähnliche Ergebnisse erzielt werden. Erfolgversprechend sind ebenfalls Futtermittel-Cocktails mit regional vorkommenden Pflanzen wie Raps. Um 15 bis 25 Prozent lässt sich der Methanausstoß bei Kühen beispielsweise durch eine Kombination von Braunalgen und Rapssamen senken. Immerhin. Der Einsatz von Braun- statt Rotalgen wäre zudem günstiger, weil die braune Makroalge schneller wächst und für viele Tiere verträglicher sein soll.
In der Schweiz wird parallel mit regionalen Alternativen wie den Blättern des Haselnussstrauchs geforscht. In Versuchen mit Schafen ließ sich durch das Zufüttern der Blätter eine Methanreduktion um bis zu 30 Prozent erzielen.
Dabei ist der Einsatz regional angebauter Pflanzen gegenüber Algen als Futterbeimischung nicht nur ebenso effektiv, sondern auch kostengünstiger. Außerdem macht es die Suche nach alternativen Futtermitteln für die hiesige Landwirtschaft interessant und leichter umsetzbar. Dass sich etwas ändern muss, ist ohnehin bereits beschlossene Sache, schließlich gilt es gemäß der EU-Forderungen den Methanausstoß bis 2030 drastisch um mehr als die Hälfte[3] zu reduzieren. Das lässt sich allein mit einer Ernährungsumstellung der Kühe nicht erreichen. Fleischalternativen und vegane Lebensmittel sind also weiterhin gefragt.
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[1]Quelle: Bundesumweltamt (https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/beitrag-der-landwirtschaft-zu-den-treibhausgas)
[2]Quelle: Thünen-Institut (https://www.thuenen.de/de/thema/klima-und-luft/emissionsinventare-buchhaltung-fuer-den-klimaschutz/treibhausgas-emissionen-aus-der-landwirtschaft/)
[3]Quelle: Bundesumweltamt (https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgasminderungsziele-deutschlands)
Text und Bilder: Carina Alves