Superfood ist überall. Kein Restaurant ohne Quinoa-Salat, kein Café ohne Müsli-Frühstück mit Chiasamen und bei Instagram stapeln sich unter dem Hashtag #food die Avocadoscheiben auf der Vollkornstulle. So lecker, so gesund. Man ist das super, nicht mal Monsanto steckt drin. Was in westlichen Metropolen und kleineren Hipsterzentren gerade als besonders gesund gilt und dazu noch exotisch ist – das heißt von woher das kommt weiß keiner, aber ist auch egal – wird dort zum Problem, wo es nicht trendy und angesagt, sondern heimisch ist. Und das gilt für so ziemlich alle Superfoods gleichermaßen, wenn sich die Ausprägung auch unterscheidet.
Quineaernte in Bolivien (Foto: Opmeer Reports)
Quinoa: Plötzlich Profit
Quinoa ist in Peru und Bolivien über Jahrhunderte und länger kultiviert, wie der Reis in Asien oder das Brot in Europa. Quinoa ist bzw. war die absolute Normalität auf jedermanns Teller, egal ob jener nun golden umrandet oder als Bambusschale daherkam. Quinoa war standesunabhängiges Grundnahrungsmittel bis zu dem Zeitpunkt als die Nachfrage aus dem Westen kam. Der Preis hat sich innerhalb der letzten 15 Jahre verzehnfacht, und in der peruanischen Hauptstadt ist das Getreide mittlerweile teurer als Hühnerfleisch. Die nicht vom raren Geldsegen Betroffene Bevölkerung dieser Länder greift nun wiederum auf Importware zurück, die in Form von kalorienreichem Junkfood daherkommt, das seinen Ursprung genau dort hat, wohin Quinoa ausreist.
Weniger Wald, mehr Avocado
Die Problematik der Abholzung ist so alt wie die Industrialisierung, treibt aber auch heute noch immer neue Blüten. Schuld ist diesmal: die Avocado aus dem Supermarkt. Servierfertig vorgereift und jede Woche billiger gibt es kaum jemanden, der nicht drauf abfährt. Heimisch ist die Avocado unter anderem in Mexiko. Mit den Profiten werden auch die Plantagen größer und der Anbau nimmt immer kriminellere Züge an: 4000 Hektar Wald werden in Mexiko jedes Jahr illegal gerodet. An seine stelle kommen Avocadobäume. Kartelle, die denen der Drogen in nichts nachstehen oder sogar mit ihnen identisch sind kontrollieren in großen Teilen den Anbau. In Neuseeland wurden bereits Avocadofarmen ausgeraubt und der Avocadoanbau in Afrika entzieht sich jedes gesunden Menschenverstandes, wenn man sich vor Augen führt, dass zweieinhalb Avocados um die 1000 Liter Wasser verbrauchen.
Wo Superfood zur Heuchelei wird
Der aufwändige Anbau von Superfood mit all seinen negativen Konsequenzen für Mensch und Umwelt ist an und für sich – so hart das auch klingt – nichts besonders. Viele andere Konsumgüter unserer Zeit sind mindestens genauso problematisch. Der Konsum von Superfood trägt aber eine Besonderheit in sich, wird er doch gerade von denen propagiert, die sich des gesunden, nachhaltigen, besseren Lebens verschrieben haben. Avocado und Quinoa sind fester Bestandteil der „guten“ veganen und vegetarischen Küche, die sich stets nicht nur dem Tierschutz, sondern auch der Nachhaltigkeit und der Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt verpflichtet. Schaut man sich an, wohin das führt, entlarvt sich dieser Lebensstil als pure Heuchelei. Oder abseits von Veganismus und Vegetarismus gedacht: Wie viel ist die Stop-Taste der Klospülung wirklich wert, wenn die morgendliche Avocado auf dem Brot bereits 500 Liter Wasser im staubtrockenen samt durstender Bevölkerung Afrika verbraucht hat? Zumal ebenso gesunde Alternativen zum Superfood auch auf hiesigen Boden wachsen. Aber das wird ein Thema für die nächsten Artikel.