„Ultrafrische Ware, direkt vor den Augen der Gäste geerntet“

05.05.2022 | Beispielhaft, Gastro, Trends

Mana Farms aus Leipzig treibt das Thema Indoor-Farming in der Gastronomie voran. Mit ihren Indoor-Farming-Systemen können Betriebe direkt in ihrem Gastraum Blattgrün, Kräuter und Co. züchten, ernten und servieren. Weil Strom- und Wasserverbrauch gering sind, liegt der Herstellungspreis bei vielen Sorten unter dem Marktpreis. Wir sprachen mit Co-Gründer Raphael Schardt, der das Unternehmen zusammen mit Richard Daser gegründet hat.

Raphael, wie ist es zu Mana gekommen, wann und wie habt ihr beiden euch kennen gelernt?

Das war vor zwei Jahren. Richard hatte sich als Elektrotechniker zu dem Zeitpunkt schon länger mit dem Thema Indoor-Farming beschäftigt (unter anderem beim Studium in Spanien, wo er sich damit beschäftigte, wie man Essen im Weltraum anbaut, Anm. d. Red.). Ich komme aus dem E-Commerce, habe in dem Bereich ein Unternehmen aufgebaut und war dann bei 2b Ahead Ventures tätig, einem Company-Builder, der Investoren und Gründer zusammen bringt. Dort betreute ich auch das Mana-Projekt und bin dann voll dort eingestiegen.


Die Gründer von Mana Farms: Richard Daser (links) und Raphael Schardt (rechts)

Du bist also auf die Seite des Startups gewechselt.

Genau. Wir denken, die Gründer-Kombination passt: Jemand der das Technische leitet und jemand, der sich um die Außenwirkung kümmert.

Ihr fokussiert euch auf das Gastgewerbe. Warum?

Weil dort der Mehrwert, den wir bieten, besonders wertgeschätzt wird: ultrafrische Ware, direkt vor den Augen der Gäste geerntet. Mit Nachhaltigkeitsaspekt und einer hohen Qualität durch Geschmacksintensität, wie sonst nur mit der Ernte aus dem heimischen Garten vergleichbar ist. Im Supermarkt halten wir es, auch nach Gesprächen mit Verantwortlichen im LEH, für weniger sinnvoll. Dort ist die Experience, die das Ganze bietet, weniger wichtig.

Ihr habt in eine gastronomisch spannende Zeit hinein gegründet.

Auf jeden Fall. Es war schwierig, aber wir haben ordentlich was geschafft. Wir haben die Krise genutzt und uns voll auf die Entwicklung des Produkts konzentriert. Man konnte ja sowieso nicht viel machen in der Freizeit (lacht). Es ist nicht einfach für die Gastronomie, aber: Gerade durch die Krise, die auch vom Klimawandel mit beeinflusst wird (volle Zustimmung, Anm. d. Red.), ist die Wichtigkeit der Thematik noch stärker in die Gastronomie hinein gekommen.

Das hierzulande bekannteste Indoor-Farming-System kommt von Infarm. Wie grenzt ihr euch davon ab?

Wie haben, um erstmal die Gemeinsamkeit zu nennen, jeweils ein geschlossenes Indoor-Farming-Gerät – durch Hydroponik, also Wasserfluss, wachsen Pflanzen in geschützter Umgebung. Der Unterschied im Geschäftsmodell ist, dass wir kein Farming-as-a-service machen, sondern das Gerät verkaufen oder über entsprechende Partner verleasen. Dazu kommen die Samen und Substrate im Abo. Technisch betrachtet, verstehen wir uns als nächste Generation von Indoor-Farming-Systemen – so einfach und nutzerfreundlich gebaut, dass jeder Azubi in der Küche unser Gerät mit ein paar Tutorial-Videos benutzen kann.

Wie genau geht das?

Wir haben ein mobiles Kanalsystem entwickelt. Dadurch nehmen wir einen Großteil der Arbeit, der Schmutz verursacht, aus dem Gerät raus. Man kann die Pflanzen in der Küche oder auf einer Arbeitsfläche abschneiden und ernten, ebenso den Kanal säubern.

Also ich bestelle mir ein Gerät, es wird geliefert, und kommt dann noch jemand von euch raus? 

Das Gerät kommt per Spedition, die gewünschten Substrate und Seed-Pads liefern wir. Die muss man nur noch einsetzen. Wie das geht, zeigen unsere Tutorials, und natürlich sind wir immer erreichbar für Rückfragen. Eigentlich ist es easy alleine zu machen, aber wir kommen gerne vorbei, wenn individuelle Beratung erwünscht ist.


Einfache Handhabung. Bei Bedarf erfolgt die Einweisung aber auch vor Ort.

Was lässt sich denn pflanzen?

Rein technisch betrachtet sehr vieles von verschiedenstem Blattgrün bis hin zu Tomaten, Erdbeeren und Gurken. Aber letztere drei brauchen lange. Wir reden da von drei Monaten. Viel mehr Sinn macht es bei Microgreens und Kräutern – da können wir einen Produktionspreis erzielen, der deutlich unter dem Marktpreis liegt. Da ist unserer Meinung nach der größte Benefit, weil diese Dinge im Einkauf auf die Menge hin gesehen am teuersten sind. Wir haben rote und grüne Radieschen-Rettich-Kresse, Senfkresse, Brokkoli- und Rucola-Kresse, experimentieren gerade mit Erbsenschoten. Da ist viel möglich bei großem Mehrwert.

Shisoblätter? Die werden ja in vielen asiatischen Restaurants eingesetzt.

Haben wir in Rot und Grün. Ebenso Thai-Basilikum, Mizuna, Koriander, Dill, Petersilie …

… und Cannabis lässt sich mit eurem Gerät auch anbauen, wie man am Ende des Videos erfährt. Und man sieht auch: Die Burgerkette Peter Pane ist schon euer Projektpartner.

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Ja, 2021 begann die Testpartnerschaft. Die haben ihre eigenen Salate mit uns angebaut. Jetzt wollen wir Mana aufs ganze Franchise aufrollen. Allerdings nicht mit den Salaten, weil die im Vergleich zu Kräutern recht günstig sind im Einkauf, sondern wir werden mit unserem kleineren Farming-System vor allem auf Microgreens gehen. Die erste Version wird bei Peter Pane in Leipzig stehen, die bauen die Erzeugnisse in ihre neue Karte ein. Die benötigten Mengen werden mehr als gedeckt, sodass schon überlegt wird, welche Sachen man noch damit machen kann.

Mit wem arbeitet ihr noch zusammen? 

Wir haben Vorbestellungen von Einzelbetrieben wie Landhäusern, Weingütern, aber auch von einer großen Restaurantkette, die italienische Kost in ihren Restaurants macht, und wir sind mit weiteren Gruppen im Gespräch.

Was kostet Mana?

Das kleinere Modell fängt ab 4.900 Euro an, beim großen sind wir noch in der Preisfindung.

Es gibt dazu einen Abovertrag ab 149 Euro je nach Leistungsumfang, das vom Zugriff auf Wissens-Datenbanken, Lieferung von Samen und Substraten bis Full Service inklusive Beratung und Komplettreinigung reicht. Wir haben auch Leasing-Partner – die Geräte werden schon ab 100 Euro im Monat finanziert.

Haben die Pflanzen Bioqualität

Die Samen können wir in Bioqualität beziehen. Auf die Pflanze am Ende dürfen wir aber nicht Bio drauf schreiben.

Warum nicht?

Weil das Biosiegel vorschreibt, dass die Pflanzen in der Erde angebaut werden. Persönlich finde ich ja, dass unsere die Qualität sogar besser ist, weil wir gar keine biozertifizierten Schutzmittel brauchen. Aber so ist es eben. Es ist erst einmal auch nicht so wichtig, aber wir stehen weiter im Kontakt mit den Behörden.

Aber müssten sich nicht die Kriterien anpassen, wenn sich die Technologie verändert?

Absolut. Es gibt ja auch diese Kresse-Schälchen im Supermarkt, auf denen auch das Biosiegel klebt, da ist auch keine Erde drin, sondern Perlitgestein. Das geht anscheinend wiederum.

Die Nachhaltigkeit ist nachgewiesen: Bis zu 95% weniger Wasserverbrauch, bei Salaten braucht ihr zwölf statt 240 Litern pro Kilogramm. Weil kein Lieferwagen kommen muss, fällt auch viel CO2 weg. Und Strom?

Unser neues System braucht nur 40 kWh pro Monat für Microgreens. Es ist alles optimiert, weil wir alles selbst bauen und entwickeln: die LED-Lampen und die Chiplogik, die Programmierung der Kontrolleinheiten für die Pumpensteuerung. Das Zusammenspiel von Lichtintensität, Wärme und Luftfeuchtigkeit, die Ventilation – alles aufs Optimum angepasst.

Das kleine „MicroMana“ kann schon bestellt werden?

Genau, wir planen Auslieferungen in größeren Mengen ab Ende Q3. Übrigens: Die kleinere Farm hat eine schicke Holzverkleidung, die ans entsprechende Design des Restaurants angepasst werden kann. Man kann sie auch in den Tresen einbauen, sie muss nicht frei stehen, nur genug Luftzirkulation muss vorhanden sein.

Raphael, vielen Dank und viel Erfolg euch.

Zurzeit läuft ein Crowdfunding zur Beschaffung weiteren Kapitals, um die Entwicklung voran zu treiben. Mehr Infos dazu hier.

Mana Farms
Greentable-Profil

Das Interview führte Jan-Peter Wulf. Fotos: Mana Farms

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