Umessen: Das Kochbuch der „Generation Greta“

20.03.2021 | Gut zu wissen, Rezepte, Trends

Lea Elci ist 15 Jahre alt und wohnt in Hamburg. In der achten Klasse hat sie ein Halbjahresprojekt zum Thema Ernährung und Klimawandel gemacht. Kein rein theoretisches, sondern voller praktischer Tipps und Ideen für die Küche. Daraus ist nun sogar ein Kochbuch geworden: „Umessen“.

Vor mittlerweile fast 20 Jahren, 2002, erschien ein Kochbuch, das schon allein optisch anders war: Auf dem Coverfoto sieht man einen jungen, etwas erschöpft dreinblickenden Mann in Schürze vor einer etwas schrammeligen Metallwand auf dem Boden sitzen, neben sich eine Tasse. Eine kurze Kaffeepause hinter der Küche: Das ist das ikonische Cover von „Jamies Kitchen“, einem Buch, mit dem der „naked chef“ Jamie Oliver in den Nullerjahren eine ganze Generation von Hobbyköch*innen geprägt und sogar hervorgebracht hat, so wie es heute Yotam Ottolenghi mit seinen Werken tut.

Jetzt ist wieder ein Kochbuch erschienen, auf dessen Cover eine Metallwand zu sehen ist. Davor steht diesmal eine junge Frau, und die blickt gar nicht müde, sondern freudestrahlend und voller Tatendrang in die Kamera: Es ist Lea Elci, 15 Jahre alt und (noch) keine Köchin, sondern Schülerin. Aus Hamburg. „Umessen – Das Kochbuch für eine bessere Welt“ ist das Resultat einer Projektarbeit an ihrer Schule: In der achten Klasse musste bzw. durfte sie nämlich ein halbes Jahr lang ein Thema eigener Wahl vertiefen und in Form einer Abschlussarbeit präsentieren. Weil Leas Mutter Konditorin und ihr Vater Koch ist und sie mit gutem Essen aufgewachsen ist, lag es für sie nahe, ein Projekt zum Thema Kochen und Ernährung zu machen, berichtet die junge Frau in einem Podcast-Gespräch.

 

Das Kochbuch „Umessen“: Köstlich klimafreundlich kochen.

Vom Schulprojekt zum Kochbuch

Doch es kam für sie noch etwas Wichtiges dazu – es sollte nicht allein um Genuss gehen, sondern auch um eine damit verbundene Verantwortung: „Wir stecken in einer ernst zu nehmenden Krise – die globale Erwärmung“, sagt sie in diesem Gespräch. Es müsse dringend Veränderungen geben, von großen politischen Entscheidungen bis zu kleinen Dingen wie ihrem Projektbeitrag. Nun, so klein ist es gar nicht, was am Ende daraus geworden ist. Denn die Arbeit verschwindet nicht in einem Ordner in der Schulbibliothek. Es ist ein richtiges Buch daraus geworden, „Umessen“ ist sogar eine Weiterentwicklung der Projektarbeit. Hatte Lea für die Schule Rezepte verschiedener Personen von der eigenen Großmutter über nachhaltig arbeitenden Köch*innen wie Marianus von Hörsten (Restaurant „Klinker“, Hamburg) und Kochbuch-Autoren wie Stevan Paul versammelt, ist die Version 2.0 eine echte Tochter-Vater-Kooperation geworden

Mit ihrem Vater Koral, der zusammen mit seinem Bruder (also Leas Onkel) Onur die über die Grenzen Hamburgs hinaus bekannte „Kitchen Guerilla“ macht – Kochevents, Caterings, nachhaltiges Kantinenessen, eigene Food-Produkte uvm. – band sie sich die Schürze um und erstellte rund 60 neue Rezepte. Immer mit einem nachhaltigen, klimafreundlichen Ansatz, vor allem aber mit viel Geschmack. Und inspiriert von Küchen aus aller Welt. Die nach Jahreszeiten sortierten, einfach nachzukochenden Rezepte reichen vom Ofengemüse aus Resten über thailändisches Laab Gai mit Fleischersatz und Sushi mit Weinblättern bis zu Börek mit Aubergine und Scamorza, Portobello-Burger oder Steckrüben-Schnitzel mit Dijon-Senf. Es gibt ein cooles Rezept für die Pizza für den Filmabend mit Freunden, alkoholfreie Drinkrezepte für den Sommer, diverse süße Leckereien wie einen Beeren-Streusel-Kuchen, ferner praktische Tipps zur Lagerung von Obst und Gemüse sowie zu energieeffizientem Kochen – und exakt ein Gericht mit Fleisch: An ihrem Geburtstag ganz kurz vor Weihnachten isst die 364-Tage-Vegetarierin nämlich immer gerne Papas Gulasch mit regionalem Wildschwein.

Expert*innen-Interviews und eigene Illustrationen

Wie schon das Schulprojekt ist auch das Buch „Umessen“ mehr als nur eine Rezeptsammlung geworden. Zusätzlich hat Lea wiederum Expert*innen aus der Foodwelt über ihre Ansichten zu Klimawandel, Ernährungswende und Co. befragt. Unter anderem kommen TV-Koch Tim Mälzer, die Ex-Landwirtschaftsministerin Renate Künast und Food-Aktivist Hendrik Haase, der soeben selbst mit „Foodcode“ ein spannendes Buch über die Digitalisierung vom Acker bis zum Teller co-veröffentlicht hat, zu Wort. Übrigens: Auch die Illustrationen für das Buch hat Lea Elci selbst gemacht. „Umessen“ ist rundum beeindruckend. Wir vergeben hier keine Noten oder Punkte, aber täten wir es, dann wäre es ne glatte Eins oder die volle 15. Klasse!

Umessen – Das Kochbuch für eine bessere Welt hat 168 Seiten mit 100 Abbildungen, kostet 20 Euro und ist erschienen bei Brandstätter

Text: Jan-Peter Wulf, Fotos: Brandstätter-Verlag

Wir empfehlen

Ähnliche Beiträge

Hosting is an agricultural act!

Hosting is an agricultural act!

Wer mit seiner Gastronomie regionale Food-Netzwerke stärkt, stärkt auch die bäuerliche Landwirtschaft. Ein Kommentar von Jan-Peter Wulf Wenn ein Traktor im Sommerlicht über das...

Gestalten Sie mit uns eine zukunftsfähige Gastronomie, werden Sie Mitglied bei Greentable!