Zum Internationalen Tag der nachhaltigen Gastronomie am 18. Juni 2024 richtete Greentable e.V. seinen zweiten „Gastro For Future Online-Summit“ aus. Das Thema lautete „Der Mensch im Fokus: Erfolgsfaktor soziale Nachhaltigkeit“.
Im ersten von zwei Panels wurde der Blick nach innen gerichtet – ins Team. Unter dem Titel „Wertschätzende Teamkultur – Was du tun kannst, um Mitarbeitende zu gewinnen & langfristig zu halten“, sprachen und diskutierten Foodcoach Bea Schulz, Berlin, Hannah Wolf von „Kaya&Kato“, Köln, Johannes Schulz-Mothes vom „Bonvivant Cocktail Bistro“, Berlin und Claus Peter „Peters Genusshotel“, Wingst, mit Moderatorin Carolin Gennburg.
Aufzeichnung des Panel 1
Streetstyle für Wertschätzung
Hannah Wolf ist Geschäftsführerin von „Kaya & Kato“, einem Pionier für nachhaltige Arbeitskleidung, 2017 gestartet. Das Unternehmen arbeitet von Grund auf transparent und fair, hat nicht nur eine grüne Zusatzlinie im Programm – wie viele Anbieter von Berufskleidung es mittlerweile haben. Neben der hohen Qualität spiele auch Style eine wichtige Rolle, erklärt sie: So wird mit dem bekannten Berliner Koch Max Strohe vom Sternerestaurant „tulus lotrek“ gerade an einer Kollektion gearbeitet, die Streetwear-Charakter hat, sodass Mitarbeitende sie praktisch so gerne wie private Kleidung tragen. Arbeitskleidung dieser Art habe auf viele Bereich im Betrieb einen positiven Effekt: Sie zeuge von Wertschätzung und stärke das Gemeinschaftsgefühl, so Wolf. Die Investition in Bekleidung dieser Art rentiere sich, weil sie ein positives Arbeitsklima hervorbringt und somit motivierte Teams – am Ende bringt dies auch mehr Umsatz. „Wir hören immer wieder von Mitarbeitenden, dass sie sich freuen, wenn dies getan wird“, so Wolf.
GreenDo
„Nachhaltige Arbeitskleidung fördert positiv das Arbeitsklima und ist ein starkes Signal für Wertschätzung gegenüber dem Team.“
Hannah Wolf
Individuelle Ausbildungsmodelle
Arbeitskleidung der neuen Generation steht sinnbildlich für Gastronomie der neuen Generation – wie sie das „Bonvivant Cocktail Bistro“ in Berlin zweifellos ist. Vegetarisch, sehr nachhaltig und mittlerweile mit einem Michelinstern ausgezeichnet. Johannes Schulz-Mothes ist dienstältester Mitarbeitender und als Koch eingestellt worden. Mittlerweile kümmert er sich jedoch vornehmlich um die drei Auszubildenden des Hauses: Man müsse dem dringend benötigten Nachwuchs zeigen, dass es in der Küche heute nicht mehr so zugehe wie noch vor 15, 20 Jahren, so Schulz-Mothes. Dazu gehöre auch, sich individuell auf die Mitarbeitenden einzustellen: Wo wollen sie hin, in die Sternegastronomie? In Richtung Gemeinschaftsgastronomie bzw. Kantine? Weil man im „Bonvivant“ vegetarisch kocht, hat man ein Kollektiv mit anderen Betrieben aufgebaut, damit die Auszubildenden dort auch die Fisch- und Fleischküche erlernen. „Wir müssen uns um unsere Leute kümmern“, so Schulz-Mothes. Was im „Bonvivant“ dazu geführt hat, dass es keinen Mitarbeitendenmangel gibt, sondern viele Initiativbewerbungen.
GreenDo
„Bei Problemen oder persönlichen Themen sollten wir immer das direkte persönliche Gespräch suchen und in einem geschützten Raum möglichst offen sprechen.“
Johannes Schulz-Mothes
Herzlichkeitsbeauftragte und Spielabmachungen
Man muss sich kümmern, findet auch Claus Peter, der schon beim letztjährigen Summit als Panelteilnehmer dabei war. „Mach dich bunt“ lautet das Ausbildungskonzept, das er 2017 für sein Hotel-Restaurant in der Wingst entwickelt hat – als Reaktion auf ein zuvor schlechtes Betriebsklima, in diesem Zuge trennte man sich auch von einigen Mitarbeitenden. „Es war wie ein Befreiungsschlag“, so Peter. Heute bewirbt man sich zurück und stellt sich als Ausbildungsbetrieb bei den potentiellen Auszubildenden vor. Was erwartet sie im „Peters – das Genusshotel“? Zudem wird mit den Neulingen im Team ein Videointerview aufgenommen: Welche Wünsche, Ziele, Erwartungen hat der/die neue Mitarbeitende? Nach einem halben Jahr schaut man es sich gemeinsam an: Was wurde umgesetzt, was noch nicht? Weil er selbst als Führungskraft Konzentration und Kompetenz ausstrahle, aber manchmal auch kurz angebunden sei, gibt es eine „Herzlichkeitsbeauftragte“, an die sich die Mitarbeitenden mit Wünschen und Sorgen wenden können. Ebenso einen Briefkasten für Feedback. Peter rät zu schriftlichen Vereinbarungen, er nennt sie „Spielabmachungen“: wechselseitige Verpflichtungen, z.B. was von den Mitarbeitenden erwartet wird, aber auch vice versa, etwa dass der Dienstplan vier Wochen im Voraus steht, sodass Freizeiten und Co. geplant werden können.
GreenDo
„Kommunikation ist das A und O – gelebte Werte, schriftliche Vereinbarungen und klare Regelwerke sorgen für Verlässlichkeit und bilden den Rahmen für eine gute Kommunikation.“
Claus Peter
Frühwarnsystem gegen mentale Erkrankungen
Dass es in der Branche immer noch viele Fälle von mentalen wie physischen Problemen gibt – Schätzungen gehen davon aus, dass vier von fünf Beschäftigten im Gastgewerbe damit zu tun haben, davon konnte Bea Schulz berichten. Sie ist nicht nur gelernte Köchin und kulinarische Beraterin, sondern auch Botschafterin des „The Burnt Chef Project“, einer Initiative, die sich für mentale Gesundheit in der Hospitalitybranche einsetzt. Sie selbst sei vor vielen Jahren von einem „sehr krassen“ Burnout betroffen gewesen, berichtete sie, der anderthalb Jahre Behandlung mit sich zog. Während ihres Aufenthalts in Australien erlebte sie, dass man dort wesentlich offener über das in der Branche so häufige wie totgeschwiegene Thema spricht – was sie dazu veranlasste, ihre Erfahrung und ihr Wissen mit einem Ehrenamt weiterzugeben. Menschen, die aufgrund einer mentalen Erkrankung die Gastronomie verlassen, kommen in der Regel nicht zurück, weil die Branche negative Assoziationen hat, so Schulz. Daher brauchen Betriebe ein Frühwarnsystem, um die Leute aufzufangen. Und: Leading by Example, mit gutem Beispiel vorangehen. Als Führungskraft müsse man die Achtsamkeit für körperliche wie mentale Gesundheit vorleben, sonst könne man diese auch nicht von seinen Mitarbeitenden einfordern.
GreenDo
„Führungskräfte müssen mit gutem Beispiel voran gehen. Wir können von unseren Mitarbeitenden nur Verhaltensweisen erwarten, die wir vorleben.“
Bea Schulz
Power-Briefing und Charakterstärken
Im anschließenden Deepdive riet Andrea Grudda, Expertin für New Work und Gastronomietrainerin, auf die Frage aus dem Chat nach Umsetzungsmöglichkeiten für eine bessere Kommunikation zu täglichen kurzen Meetings: Keine 20-Minuten-Reden, sondern fünf Minuten. Eine Minute zur Motivation, eine für eine kurze Ausbildung, z.B. zur Körpersprache, zur Spargelkarte oder zur Stornierung der Kasse, drei Minuten Interaktion. Das sei nachweisbar effektiv, so Grudda, die dazu das Buch „Powerbriefing“ geschrieben hat, es erwirke Informationstransfer – und alle im Team schauen sich einmal kurz in die Augen. „Wir sind soziale Wesen und brauchen dieses Miteinander“, erklärt sie. Die im Talk vorgestellten Methoden wie Herzlichkeitsbeauftragte oder Feedback-Briefkästen sieht sie als Zwischenschritte hin zu einer freien, offenen Kommunikation im Team. Die Führungskraft sei verantwortlich, wie das Klima ist, sie müsse das Team dazu befähigen, frei sprechen zu können, so Grudda. Welche Charaktereigenschaften Führungskräfte dafür benötigen, das skizzierte sie in ihrem Impulsvortrag und hat es in ihrem Buch „Character Proof“ ausgeführt.
Weitere Informationen zum Gastro for Future Online-Summit: www.gastroforfuture.de